Abschlussbericht zu den Ergebnissen des UNA 20/1

Bild: Christof Mattes

Untersuchungsausschuss 20/1

Abschlussbericht zu den Ergebnissen des UNA 20/1 –
Erklärung des Berichterstatters Gerald Kummer

Zu der Auseinandersetzung über den Abschlussbericht des Untersuchungsausschusses (UNA) 20/1 zur Ermordung von Dr. Walter Lübcke erklärt der Berichterstatter im Ausschuss, Gerald Kummer (SPD):

„Am Anfang des Untersuchungsausschusses, der die Umstände des Mordes an Dr. Walter Lübcke parlamentarisch aufarbeiten soll, stand das fraktionsübergreifende Bekenntnis zur Gemeinsamkeit der Demokraten. Von dieser Gemeinsamkeit ist am Ende der Ausschussarbeit nichts geblieben.

Nach § 29 Abs. 2 des Hessischen Untersuchungsausschussgesetzes (HUAG) kann der UNA einen Berichterstatter aus seinen Reihen bestimmen. Der Berichterstatter ist dabei nicht der Fraktion verpflichtet, die ihn in den UNA entsandt hat, sondern der neutralen Unterrichtung des Parlaments über die Ergebnisse der Ausschussarbeit. Dieser Aufgabe bin ich als Berichterstatter für den UNA 20/1, zum dem mich die Mitglieder des Untersuchungsausschusses berufen haben, mit meinem Entwurf für den Abschlussbericht nach bestem Wissen und Gewissen nachgekommen.

Um mich in meiner Arbeit als Berichterstatter zu unterstützen, hat mir der Landtag eigens geschaffene Personalressourcen zugewiesen. Deren Kosten machen für den Landtag – und für die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler – nur dann Sinn, wenn die vom HUAG vorgesehen Rolle des Berichterstatters partei- und fraktionsübergreifend respektiert und seine Tätigkeit ernstgenommen wird.

In einem geordneten Verfahren hätten die Mitglieder des Untersuchungsausschusses meinen Berichtsentwurf zur Kenntnis genommen, sich mit dem dort Geschriebenen auseinandergesetzt und dann Änderungsanträge und Ergänzungswünsche formuliert, über die der Ausschuss hätte diskutieren können. Doch insbesondere die Vertreterinnen und Vertreter der CDU-Fraktion im UNA 20/1 hatten an solch einem geordneten Verfahren offenkundig kein Interesse.

Stattdessen sind pauschale Vorwürfe laut geworden, dass mein Bericht zum Untersuchungsausschuss zu Dr. Walter Lübcke qualitativ ungenügend und fehlerhaft sei. Weder CDU noch die Grünen haben jedoch bisher beweisen können, dass dies der Fall ist. Im Gegenteil, es bleibt bei undifferenzierten Verweisen, ohne konkrete Stellen zu benennen.

Allein der Umfang des von den Vertreterinnen und Vertretern der Regierungsfraktionen vorgelegten Gegenberichts legt die Annahme nahe, dass dieser nicht erst verfasst wurde, nachdem ich meinen Entwurf den Ausschussmitgliedern zugesandt habe. In der Kürze der Zeit lässt sich ein Text dieser Länge nicht verfassen. Vielmehr wurde mit der Arbeit an dem Gegenentwurf von CDU und Grünen offenkundig schon begonnen, als es noch gar keinen Entwurf von mir als offiziellem Berichterstatter gab.

Die Regierungsfraktionen führen damit die vom HUAG ausdrücklich gewollte Ernennung eines Berichterstatters, der nicht Teil der Regierungsmehrheit ist, ad absurdum. Denn wenn absehbar ist, dass die Vertreterinnen und Vertreter der Mehrheitsfraktionen ohnehin nur einen Abschlussbericht beschließen, der von ihnen selbst verfasst wurde – warum sollte sich dann der offizielle Berichterstatter, der nicht der Regierungsmehrheit angehört, noch der Mühe unterziehen, einen Berichtsentwurf zu erstellen?

Dass es ausgerechnet in dem Untersuchungsausschuss, der den ersten nachweislich rechtsextremistisch motivierten Mord nach dem Zweiten Weltkrieg an einem amtierenden demokratischen Politiker aufarbeiten soll, zum parteipolitischen Zerwürfnis kommt, bedauere ich zutiefst.

Der Untersuchungsausschuss 20/1 hatte das Potential, durch vollumfängliche Aufklärung, dem tragischen Verlust von Dr. Walter Lübcke gerecht zu werden und ihm posthum den verdienten Respekt zu zollen. Die Erkenntnis, dass dieses Ziel womöglich von Anfang an nicht im Vordergrund stand, macht diese Feststellung nicht weniger bitter.“